Was sollten Unternehmen, die in neue Technologien wie KI einsteigen wollen, jetzt beachten? Was sollten sie vermeiden? Prof. Dr.-Ing. Johannes Fottner, Universitätsprofessor für Technische Logistik an der Technischen Universität München, verrät im letzten Teil unseres Experteninterviews seine persönlichen Tipps.
Haben Sie die ersten Teile des Interviews verpasst? Hier können Sie sie nachlesen:
Teil 1: Die 3 größten Herausforderungen in Produktion und Logistik
Teil 2: Wie Logistik und Produktion von KI profitieren werden
Teil 3: Blick in die Zukunft: Die deutsche Produktion & Logistik in 10 Jahren
Maurice Brodhun: "Natürlich tragen die Unternehmen, die am Ende in Automatisierung investieren müssen, eine große Rolle dabei, wie sich das Thema in Zukunft weiterentwickeln wird. Was würden Sie Unternehmen, die sich mit Künstlicher Intelligenz bzw. neuen Technologien beschäftigen, empfehlen? Was sollten sie unbedingt tun und was sollten sie vermeiden?"
Prof. Dr. Fottner: "Mit dem Thema „Vermeiden“ kann ich gleich gut anfangen: Ein bisschen weniger Buzzword-Bingo. Also nicht irgendwelche Worte in einen Raum werfen und sagen „ich will jetzt dieses und jenes“. Es ging ja schon früher los: ich will eine staplerfreie Fabrik und wenn man gefragt hat warum, dann wusste es immer keiner. So ähnlich ist es heute: ich möchte digitalisieren. Ja warum? Ich möchte eigentlich einen Transparenzgewinn haben. Was möchte ich damit sagen: Bitte ein bisschen nachdenken und nachdenken heißt sehr häufig in einer modernen Welt auch beobachten: was machen andere? Was passiert in anderen Umgebungen? Daraus schließen: was ist denn bei mir gut einsetzbar und umsetzbar? Aber immer vor dem Hintergrund was will ich denn erzielen damit? Zu sagen „ich führe jetzt einen Computer ein, bloß damit ich einen Computer habe“ wird jeder von uns nachvollziehen können. Das geht nicht, du musst schon wissen, was du damit tust. Wenn du ihn nur als Schreibmaschine verwendest, hättest du auch einfach die nehmen können. Hier ist es wichtig, Technologie immer gleichzeitig mit dem Thema Prozess zu sehen und man merkt ich habe eigentlich in jeder Antwort das Wort Prozess drin, weil er so wichtig ist. Jede Technologie kann ihre Stärken immer nur ausspielen, wenn der Prozess auch angepasst wird. Da wird’s besonders spannend.
Aber jetzt doch auch für uns Wissenschaftler und Ingenieure ein Tipp: einfach über unsere Grenzen mal hinweg zu sehen. Unsere eigenen Bereich ein klein wenig zu verlassen und immer wieder dazu lernen: was hat man denn in anderen Disziplinen schon Tolles erreicht? Was ich Unternehmen dringend ans Herz lege: Benchmarking im eigentlichen Sinne – seine Kolleginnen und Kollegen anderer Firmen immer, die Wettbewerber genauso wie die Partner, immer wieder gut zu beobachten und gemeinsam zu lernen. Wir müssen das Rad nicht 47-mal erfinden und wir müssen es auch nicht jedes Mal anders erfinden, bloß weil der eine Pharmazie heißt und das zweite Food – sondern wir müssen lernen, welche Vorteile wir ausspielen können über die Grenzen hinweg – und da glaube ich tun Unternehmen gut dran. Übrigens auch nicht nur große Unternehmen – große UND kleine Unternehmen haben sehr häufig sehr ähnliche Herausforderungen."