Roboter werden in der Bewältigung des Fachkräftemangels eine tragende Rolle spielen. Doch nicht der technologische Wandel allein wird das Problem für uns lösen: Um künftige Generationen auf die Art des Arbeitens in der Zukunft vorzubereiten, muss auch ein kulturelles bzw. generelles Umdenken erfolgen – von allen Beteiligten. Die IFR hat in ihrem dazugehörigen Position Paper 10 Key Findings zusammengetragen, die für die künftige Kollaboration zwischen Mensch und Roboter wichtig sind bzw. sein werden.
Weltweit sehen sich verschiedene Branche mit einem Fachkräftemangel konfrontiert, sei es bei Lkw-Fahrern, beim Lagerpersonal oder Hafenarbeitern. Von dieser Belastung sind verschiedene Bereiche logistischer Lieferketten betroffen. Dies betrifft aber nicht nur Europa, sondern auch Asien und die USA gleichermaßen, jedoch liegen jeweils unterschiedliche Ursachen für einen Arbeitskräftemangel zugrunde. In Japan stellen neue Arbeitszeitregelungen der Regierung eine Herausforderung dar. In den Vereinigten Staaten besteht grundsätzlich ein Mangel an qualifizierten Logistikfachkräften in E-Commerce-Lagern. Deutschland hingegen muss sich vor allem den Folgen des demographischen Wandels stellen und neue Wege finden, um ältere Arbeitskräfte in körperlich anspruchsvollen Positionen weiterhin beschäftigen zu können. Laut einer Prognose sollen sogar bis zum Jahr 2050 weltweit 22% der gesamten Bevölkerung über 60 Jahre alt sein. Eine alternde Bevölkerung stellt also nicht nur Deutschland vor neue Herausforderungen.
Zum Glück leben wir in einem Zeitalter, in dem mit technologischen Innovationen diese Herausforderungen gemeistert werden können. So können beispielsweise einfache repetitive Tätigkeiten bereits heute zu einem Teil mit Industrierobotern automatisiert werden. Im Zeitraum von 2017 bis 2022 ist der globale Bestand an industriellen Robotern sogar um 13% gestiegen (jährliche Wachstumsrate) und hat mit einer Gesamtzahl von ca. 4 Millionen Installationen einen neuen Höchststand erreicht. Laut dem Position Paper der International Federation of Robotics werden sich für die künftige Rolle von Robotern zwei zentrale Entwicklungen zeigen:
1. Roboter füllen Lücken: Die Automatisierung mit Robotern kann und wird dazu beitragen, durch den Fachkräftemangel entstandende Lücken zu schließen. Darüber hinaus führen Roboter und Automatisierung zu einer Verschiebung der Art der Arbeit, die Menschen verrichten. Sie übernehmen Aufgaben, die für Menschen schwierig oder gefährlich sind, wie z. B. schweres Heben oder Arbeiten in gefährlichen Umgebungen. Eine funktionierende Kollaboration und Verschiebung der Tätigkeiten erfordert allerdings auch eine entsprechende Höher- und Umqualifizierung der Mitarbeitenden.
2. Roboter kreieren neue Jobs: Entgegen der Irrglaubens, dass Roboter Menschen ersetzen werden, zeigt sich in Untersuchungen eine ganz andere Entwicklung: Sie werden bestehende Arbeitsplätze zum Besseren verändern und den Weg ebnen für neuartige Positionen. Damit die Mitarbeiter der Zukunft mit den dafür benötigten Fähigkeiten ausgestattet sind, ist eine intensive Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Roboterherstellern, Bildungseinrichtungen & Co. unabdingbar. Klar ist, dass nicht der technologische Wandel (wie zum Beispiel der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Robotik) allein die Probleme des Fachkräftemangels lösen wird. Vielmehr spielt der kulturelle Wandel eine tragende Rolle: Die Art, wie wir Arbeiten, wird sich maßgeblich verändern. Das erfordert Offenheit, Umdenken und entsprechende Maßnahmen von allen beteiligten Akteuren, um künftige Generationen auf die Zukunft vorzubereiten. Im Position Paper „Next Generation Skills“ hat die IFR hierfür 10 zentrale Erkenntnisse definiert - bestehend aus Fakten, Anforderungen & Handlungsempfehlungen
Da die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand gehen und die Geburtenraten sinken, droht langfristig ein Arbeitskräftemangel, der durch die von der Weltgesundheitsorganisation prognostizierte Verdoppelung des Anteils der über 60-Jährigen bis 2050 noch verstärkt wird. Die "Große Resignation" und andere Beschäftigungsverlagerungen, die durch ein weit verbreitetes freiwilliges Ausscheiden aus dem Berufsleben gekennzeichnet sind, unterstreichen die Besorgnis über einen wachsenden Arbeitskräftemangel aufgrund stagnierender Löhne, begrenzter Karrieremöglichkeiten und Unzufriedenheit am Arbeitsplatz.
Im Jahr 2023 hatten Europa und die USA mit einem Mangel an Arbeitskräften im verarbeitenden Gewerbe zu kämpfen: 26 % der europäischen Unternehmer waren davon betroffen, und in den USA blieben 616 000 Stellen unbesetzt. Bis 2030 prognostiziert Deloitte 2,1 Millionen unbesetzte Stellen im verarbeitenden Gewerbe in den USA. Auch asiatische Länder wie Korea und Japan stehen vor ähnlichen Herausforderungen und haben deshalb Visaregelungen eingeführt, um ausländische Arbeitskräfte anzuwerben, insbesondere im verarbeitenden Gewerbe.
Der Robotereinsatz im letzten Jahrzehnt ist sprunghaft angestiegen (von 2017-2022 mit einer jährlichen Wachstumsrate von 13%), die Anzahl globaler Installationen liegt bei rund 4 Millionen.
Es wird vermutet, dass in den nächsten zehn Jahren mehr als 50 % der Produktionsmitarbeiter mit Robotern zusammenarbeiten werden. Roboter werden als Hilfsmittel für die Erledigung mühsamer, gefährlicher und anspruchsvoller Aufgaben eingesetzt werden, so dass sich die Menschen auf sinnvollere Arbeiten konzentrieren können. Da die Roboterschnittstellen immer benutzerfreundlicher werden, werden sich Anwender anpassen und lernen, sie zu programmieren - auch ohne vorherige Programmiererfahrung.
Der zunehmende Einsatz von Robotern in verschiedenen Branchen führt zum Entstehen neuer Berufsbilder wie Smart Factory Manager und Robot Teaming Coordinators, die Automatisierungsprozesse überwachen und die Zusammenarbeit zwischen Menschen und Robotern erleichtern. Darüber hinaus werden spezialisierte Positionen wie Roboter-Debugger und KI-Optimierungsexperten für die Fehlersuche und Verbesserung von Robotersystemen immer wichtiger.
Die Bewältigung einer solch bedeutenden Herausforderung erfordert koordinierte Maßnahmen verschiedener Interessengruppen. Die Regierungen müssen unbedingt Ressourcen für die Entwicklung geeigneter Infrastrukturen, Strategien, Bildungsprogramme und Initiativen zur Ausbildung von Arbeitskräften bereitstellen.
Hersteller, Bildungseinrichtungen und Regierungen sollten attraktive Karrieremöglichkeiten in der Fertigung sowohl für junge als auch für erfahrene Arbeitnehmer fördern. Darüber hinaus sollten sie Programme für lebenslanges Lernen einrichten, um die kontinuierliche Weiterentwicklung der Mitarbeiter zu unterstützen.
Hersteller sollten ihre Mitarbeiter in die Erarbeitung optimaler Automatisierungsstrategien einbeziehen und sicherstellen, dass diese geschult werden, um neue Fähigkeiten zu erwerben und sich an neue Technologien anzupassen.
Roboterhersteller sollten sich weiterhin auf die Vereinfachung der Programmierschnittstellen konzentrieren, um eine leichtere und schnellere Einführung und Anwendung zu ermöglichen.
Mitarbeiter sollten proaktiv nach Möglichkeiten suchen, ihre Fähigkeiten in Bezug auf neue Technologien zu verbessern und sich an der Integration von Robotern in laufende Prozesse beteiligen.